Viele werden nicht verstehen, warum das Leben als Star-DJ unglaublich hart sein kann.
Für den Großteil der Leute, sind sie nur eine überbezahlte Jukebox.
Es ist keine richtige Arbeit. Es ist nicht schwierig zu erlernen. Es ist doch nichts anderes, als jedes Wochenende Feiern zu gehen.
Erzähl doch mal deinen Freunden, dass Auflegen manchmal brutal stressig sein kann, dass du vor jedem Gig aufgeregt und nervös bist und es jedes Mal eine Herausforderung ist, die Leute zum Tanzen zu bringen. Die werden dich fragend anschauen und sagen, “Wieso? Es läuft doch eh überall dieselbe Musik!“
Wie soll das schwierig sein, jede Woche die gleichen Tracks für die selben Leute zu spielen mit einem Computer, der dir doch schon die ganze Arbeit abnimmt. Vielleicht ganz am Anfang, wenn du mit dem Auflegen anfängst, unerfahren und noch ohne Selbstbewusstsein bist, aber doch nicht mehr nach ein paar Jahren.
Oder etwa doch?
Gibt es vielleicht sogar berühmte Superstar-DJs, die so etwas öffentlich zugeben würden?
2013 begleite GQ 1 Woche lang Avicii auf seiner Tour und zeigt deutlich, warum dieses Leben zugleich der absolute Wahnsinn und doch unglaublich hart sein kann.
Superstar DJ Avicii ist nervös wie Scheiße vor jedem Gig
Tim Bergling ist unruhig. Er starrt ins Leere und ist so still, dass alle anderen auch Schweigen. Vielleicht aus Respekt, vielleicht aus Angst. Im Nachhinein betrachtet, war es eine ziemlich behinderte Idee, zwei Shows in zwei verschiedenen Städten, direkt hintereinander zu spielen. Erst in Anaheim und dann neunzig Minuten später in Las Vegas. Das ist selbst mit Polizeieskorte und Privatjet eng. Jetzt ist er 21 Minuten zu spät und 21 Minuten sind eine ganze Menge, wenn es sich um die größte Party des Jahres (Sylvester) in der größten Partystadt der Welt (Las Vegas) handelt und du der Headliner bist, der um Punkt 0:00 Uhr hätte anfangen sollen, was – Tim greift in die Tasche seiner Jeans und checkt sein Handy – vor genau zweiundzwanzig Minuten war. “Avicii sollte besser bald im XS auftauchen!!“ schreibt irgendein Idiot auf Twitter.
Die Tür geht auf und Tim tritt entschlossen aus dem Wagen, gefolgt von seiner Freundin, seinem Booking Agenten, seinem Tour Manager, einem Club Promoter, einem Typ mit einer Videokamera und einem Reporter.
“Security!“ schreit der Promoter und sofort stehen drei riesen Schränke neben uns.
“Hund!“ Ein Assistent fegt herbei, um seiner Freundin den Spitz auf dem Arm abzunehmen.
“Okay, go!” und schwerfällig beginnt sich der Troß im Encore Resort in Bewegung zu setzen. Durch das Restaurant, wo mit viel zu viel Schmuck behangene Frauen und übergewichtige Männer neugierig von ihrer Seezunge aufschauen, durch die Hintertür, vorbei am Pool, hoch die Treppen und hinter ein rotes Absperrseil, wo Tim als einziger auf das hohe Podest steigt und jetzt direkt vor der tobenden Menge im XS Nightclub steht.
Er wartet kurz eine Minute und schaut in die erwartungsvollen Gesichter der Leute, die wie verrückt „A-vi-cii! A-vi-cii! A-vi-cii!“ brüllen. Dann fällt auf einmal das Licht auf ihn. Er hebt einen dünnen Arm in die Luft, schiebt den Fader nach oben und kurz darauf gehen die Leute – wie er sagt – “completely apeshit“ und erst dann und nur dann wird auch er etwas ruhiger und entspannt sich ein wenig.
“Happy New Year!“ schreit Felix Alfonso, seine rechte Hand, und macht dabei die erste Flasche Dom Pérignon von vielen auf. Als Tim sich nach einem kleinen Tanz hinter den Decks umdreht und ihm ein Glas abnimmt, lächelt er und sieht aus, wie der glücklichste Typ der Welt.
Und das sollte er auch, das weiß er. Die meisten von uns würden alles geben, um das Leben von Tim Bergling zu führen. Mehr als 250 Bookings pro Jahr vor tausenden von Leuten zu spielen, die alle seinen Namen schreien. Eine langbeinige Blondine, endlosen Champagner und einen Berg an Kohle zu haben. Berühmte Musiker, die Schlange stehen für eine Produktion mit ihm. Mädels, die hyperventilieren und “I want to fuck him so bad“ schreiben, überall wo er hinkommt. So wie jetzt gerade die blonde Waffe neben mir, doch das hört er gar nicht. Dazu ist er viel zu konzentriert, den nächsten Track rauszusuchen, der die Leute weiterhin ausflippen und den Laden auseinandernehmen lässt.
Ein Superstar-DJ hat die gleichen Probleme wie du
“Ich bin einigermaßen glücklich gerade“, sagt er in seinem schwedischen Akzent ein paar Tage vorher. Das Gesicht, das dem gerade mal 23-jährigen auch schon eine Modekampagne für Ralph Lauren einbrachte, sieht ein wenig mitgenommen und eingefallen aus. Das könnte an seiner momentanen Diät liegen, die hauptsächlich aus Red Bull, Nikotin und Flughafensnacks besteht. Wenn er nicht auflegt, verbringt er außerdem die meiste Zeit des Tages vor seinem Rechner, was ihm nicht gerade eine gesunde Gesichtsfarbe verleiht.
“Ich liebe DJing wirklich“, betont er noch einmal. “Ich mag auch das ganze Drumherum. Es macht Spaß und hat irgendetwas Glamouröses an sich.“ Und trotzdem ist da jedes Mal dieser Moment, kurz bevor er auf die Bühne geht, an dem er sich wundert, was zum Teufel er eigentlich hier gerade macht. Verdient er das alles überhaupt? Wann wird der plötzliche Fall kommen? “Jedesmal wenn ich da oben stehe, die Leute am Durchdrehen sind und dann plötzlich dieser scheiß helle Scheinwerfer auf mich zeigt“, sagt er und sucht nach den passenden Worten. “Ich weiß, aber das fühlt sich einfach so unangenehm und merkwürdig an.“
Vier Tage zuvor sind wir in Playa Del Carmen, Mexiko. Er tigert nervös um sein Zelt vor dem Mamita Beach Club herum. Dabei raucht er eine Kippe nach der anderen und ext nebenher RedBull Dosen. Er hört aufmerksam dem Warm Up DJ zu, der gerade “Epic“ von Sandro Silva und Quintino spielt. “Ich kann nicht glauben, dass er den jetzt spielt,“ murmelt er vor sich hin.
“Das ist echt frustrierend,“ sagt er und macht seine Zigarette aus, nur um sich gleich eine Neue anzustecken. “Was spielt er als nächstes, ‘Don’t You Worry Child‘ vielleicht?“
“Sorry, dass ich schlecht gelaunt bin,“ sagt er. “Es ist nur einfach kacke, wenn der mir die ganzen Hits wegspielt, die ich eigentlich nachher spielen soll.“
Tim spielt in seinen Sets natürlich nicht nur seine eigenen Tracks, sondern auch die Hits von anderen EDM Acts und “Epic“ war einer davon. Tatsächlich war es sogar schon der dritte Song von Tim’s üblichem Set, den der Warm Up DJ heute bereits gespielt hat. Und jedes Mal wenn das passiert, öffnet Tim eine weitere Dose RedBull und wird noch nervöser. Ich denke, das Gefühl kennt jeder, der schon einmal aufgelegt hat.
“Wir sollten eine Liste mit Songs machen, die die anderen DJs in ihren Sets nicht spielen dürfen,“ sagt Ciara Davey, Bergling’s irische Tour Managerin. Tim nickt, aber wirkt nicht unbedingt gelassener. Simon, sein britischer Lichttechniker, kommt gerade über beide Ohren grinsend mit einer Kiste voll Equipment rein, völlig unwissend über die gerade sich hochschaukelnde Krise.
“Wie viele Leute sind da draußen?“ fragt Tim. “Grad mal so fünfundzwanzig vielleicht“, antwortet Simon. “Und ein Hund.“
“Ein was?“ fragt Tim geistesabwesend. Er ist wieder abgelenkt, weil der Warm Up Typ gerade eben mit “Who“ von Tujamo schon den nächsten Main Time Banger raushaut. “Jetzt mal ehrlich, wie viele Hits will er noch spielen?“
Als Tim schließlich mit seinem Set loslegen soll, sieht er nicht besonders gut aus. Er scheint davon überzeugt zu sein, dass der Auftritt heute eine totale Katastrophe wird und alle nur hier sind, um zu sehen, wie sich seine Karriere in Rauch auflöst.
Natürlich passiert das nicht. Zunächst mal warten keine 25, sonder 25.000 Leute auf ihn draußen. Als Tim die Bühne betritt und den ersten Track spielt “Seek Bromance“, drehen die Leute total ab und feiern jeden Song, den er spielt.
Ein BH wird auf die Bühne geschleudert. Felix sieht ihn. Er steht hinter der DJ Kanzel und steckt Tim, jedes Mal wenn er zwei Finger hochhebt, eine Zigarette an oder reicht ihm einen Drink, wenn dieser ein C mit seinen Fingern formt. “Die Frauen werfen immer mit BHs,” lacht er.
“Wie war’s?“ fragt Tim als er zwei Stunden später wieder von der Bühne kommt. Er sieht erleichtert aus. Später am Abend frage ich ihn, warum er vor einem Gig so nervös sei. Es gäbe doch überhaupt keinen Grund dazu. Tim schaut etwas verlegen und meint: “Es ist nur, du musst dich beim Auflegen wirklich von den anderen abheben. Gerade jetzt, wo EDM so groß geworden ist und es so viele andere DJs gibt, mit denen du konkurieren musst. Die sprießen wie Pilze aus dem Boden.“
Wie begann eigentlich die DJ Karriere von Avicii?
Er muss es wissen, denn Avicii kam auch plötzlich wie aus dem Nichts. Noch vor vier Jahren war Tim Bergling ein Schuljunge aus Stockholm, der auf seinem Laptop Remixe gebastelt und in Comments aus Musik-Blogs gepostet hat. Sein Gespür für Beats und gute Melodien erregten schließlich die Aufmerksamkeit von Ash Pournouri, einem 26-jährigen Promoter, der den Boom von EDM schon damals erahnte und irgendwie da mitmischen wollte.
Er traf sich mit Tim und dachte, er könnte ihm ja zumindest ein paar coole Bookings besorgen. Doch er erkannte bald sein Talent und wusste, dass Tim richtig großwerden konnte. Dazu musste er allerdings lernen, wie man auflegt, was er vorher noch nie in seinem Leben probiert hatte.
Er musste erst lernen, welche Songs funktionieren, wie man die Stimmung während eines Sets hochhält und welche Tracks gut zusammenpassen. Auch wie man das Publikum animiert und generell eine gute Stimmung verbreitet. “Ein guter DJ interagiert mit den Leuten. Sie in dein Set miteinbeziehen. Tanzen, Lachen.“
“Jeder kann einafch die aktuelle Hits hintereinander abspielen. Der Trick ist, den Leuten den Eindruck zu vermitteln, sie seien wirklich bei einer Show, wo du sie mit auf eine Art Reise mitnimmst. In diese müssen sie so weit eintauchen, dass sie gar nicht mehr gehen können. Die Tracks, die in letzter Zeit erfolgreich waren, haben alle so ein Gefühl erzeugt. Und genau danach haben wir dann gesucht, als wir ins Studio gegangen sind.”
Bergling und Pourmouri haben zusammen um die hundert Tracks produziert und sich dabei irgendwann auf ein bestimmtes Schema geeignet. Ein Beat mit vier Akkorden, überlagert von einer eingängigen Melodie und einem zwar emotionalem, aber doch sehr simplen Text, den jeder versteht. Klar kommt da noch anderes Zeug drüber: Effekte, Echos, Sirenen und schließlich Pausen. Das alles gibt dem Hörer dann das Gefühl, dass da echt was passiert in dem Song. Aber die Reise, auf die dich ein DJ mitnehmen soll, basiert immer auf einem durchgängigen Beat. Avicii’s Produktionen sind immer energiegeladen und verbreiten diese positive Stimmung. Nichts an der Musik eckt irgendwie an oder stört oder passt da nicht hin. Alles ist ganz smooth, was die Leute beruhigt, wie bei einem Kind, das immer wieder das gleiche Buch vorgelesen bekommen will.
Der plötzliche EDM Hype
Tim hat sich für den DJ Namen Avici entschieden – ein Freund erzählte ihm, das wäre ein bestimmtes Level im Buddhismus. (Das zweite i kam hinzu, weil Avici auf MySpace damals schon vergeben war.) Es dauerte ganze achtzehn Monate, bis er sich wohl hinter den Decks fühlte; seine erste Show spielte er dann vor 1.000 Leuten. Und ehe er es sich versah, verlangte er auf einmal sechsstellige Beträge für ein Booking in einem Club und spielte neben Madonna auf dem Ultra Music Festival. “Das Timing war einfach perfekt,“ sagt Tim heute. “Mein Aufstieg fiel einfach zufällig genau auf die selbe Zeit, wie der Aufstieg von EDM.“
Der letzte Hype elektronischer Musik ist schon eine Weile her und alles noch ein wenig anders aus. “Damals schaute niemand auch nur den DJ an,“ Sagt der Lichttechniker Simon. Er war Anfang der 90er vier Jahre mit Prodigy auf Tour und arbeitete im Gatecrasher, einer der Clubs, der damals den Rave-Hype startete. “Damals ging es viel mehr um das Tanzen miteinander. Heute aber schaute jeder auf die Bühne oder die DJ Kanzel. Alle sind nur da, um ihn zu sehen.“
Aber der richtig große Unterschied: Geld. EDM ist dieses Mal nicht auf Kids in Lagerhäusern und Ravern an Seen beschränkt. Nein, es ist der Soundtrack der glitzernden High-Class Clubs in Vegas und Miami, wo auch wir gleich hingehen werden, sobald Tim aufwacht. “Du wirst es heute Abend sehen, wenn jemand ein Flasche Schampus kauft. Da gibt es ein Feuerwerk. Überall laufen halbnackte Mädels rum. Ich will mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber es ist eigentlich genau das Gegenteil von dem, was ich unter Clubbing verstehe,“ sagt Simon.
So gegen Mitternacht fahren Tim, Felix und ich in einem schwarzen SUV an einer endlosen Schlange übel gebräunter Girls in Miniröcken vor dem Story vorbei. Einem Club, der gerade mal zwei Tage alt ist. “Sind nicht meine Lieblings-Gigs in solchen Clubs.“ sagt Tim. “In solche VIP Läden ist die Stimmung meist nicht so krass, wie sonst. Wenn du abends ausgehen, dabei $2 Millionen in einem Club auf den Kopf hauen und am Ende auch noch zum Schuss kommen kannst, dann gibt es nicht mehr ganz so viel, was dich zum ausrasten bringt!“ Kurz darauf werden wir von den Security durch einen dunklen Gang geschoben, wo uns ein dunkelhaarige Bedienung in gefährlich aussehenden High-Heels erwartet und sofort beginnt, Gläser mit Champagner zu füllen. Alkohol ist immer umsonst und immer in rauen Mengen verfügbar für Avicii.
Alkohol gegen die Nervosität?
Am Anfang war das schon ein Problem, als er urplötzlich so berühmt wie Justin Bieber wurde. Nur halt ohne dessen PG-13 Ruf, der ihn zurückhalten könnte. Er hing die ganze Zeit nur noch mit Leuten ab, für die das Leben jeden Tag eine Party ist. “Du fliegst um die Welt, lebst aus dem Koffer, kommst irgendwo an und da steht überall Alkohol rum – es ist ziemlich merkwürdig, wenn du da nicht trinkst,“ sagt er. Also tat er das. Am Anfang nur weil “ich dachte, das kann nicht lange anhalten,“ meint Tim. Aber dann tat es das und plötzlich wurde es zur Gewohnheit. Champagner im Club, Bloody Mary am Airport, Wein im Flugzeug und dann wieder von Vorne. “Ich war so nervös“, meint Tim. Ich hab mich einfach daran gewöhnt, weil es mir ein Gefühl von Selbstsicherheit gab und mich lockerer werden ließ. Und auf einmal konnte ich nicht mehr ohne.
So ging das bis letzten Januar, als er plötzlich starke Bauchschmerzen bekam und für elf Tage mit einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung in einem Krankenhaus in New York landete. “Ich trinke vielleicht mehr, als ich sollte. Aber ich habe mir angewöhnt, nie zwei Tage hintereinander zu trinken.“
Heute jedenfalls trinkt er, weil Freunde von Tim in der Stadt sind. Ein Gruppe junger Schweden mit verrückten Frisuren und hautengen Jeans, die „Skål!“ rufen, jedes Mal wenn sie einen Shot exen und dabei aufgeregt auf Schwedisch miteinander diskutieren. Dann wird es plötzlich merkwürdig ruhig, wie immer, wenn alle bemerken, dass irgendeine wichtige Person den Raum betritt. Dann steht David Grutman, einer der Clubbesitzer in der Tür. Er wird von einer kleinen, dunklen Person mit Baseball Cap und Sonnenbrille begleitet. “Das ist Pharrell,“ sagt er. Pharrell läuft durch den Raum und schüttelt ein paar Hände. “Ich freue mich über deinen Erfolg,“ sagt er zu Tim und dann unterhalten sie sich ein paar Minuten. Hauptsächlich über das Wetter, während der Rest nervös auf ihre Champagnergläser schaut. Dann ist es Zeit zu gehen.
Die DJ Kanzel im Story liegt über der Tanzfläche, so dass die Leute unten aussehen wie ein Meer an Händen. Tim startet mit seinem Set —The love you seek and moooore— die Hände drehen durch. Plötzlich wird er von einem gigantischen Lichtstrahl umhüllt. Verkleidete Tänzer erscheinen und alles wirkt ziemlich futuristisch. Bis auf Nicky und Paris Hilton. Die Tanzen relativ lustlos auf einer Empore und scheinen sich in den letzten zehn Jahren genau 0,0 verändert zu haben. Paris kommt zu einer Menge Shows von Avicii. “Sie ist wie ein Stalker,“ sagt Felix. Irgendwann ist es 4:00 Uhr und die Schlange vor dem Club wird langsam kürzer, aber immer noch flackert standing das Licht über uns auf, wenn eine der Bedienung wieder eine der mehrer tausend Dollar teuren Champagnerflaschen an einen Tisch bringt.
“Letzte Nacht war gut oder?“ fragt Tim am nächsten Tag, als wir wieder am Flughafen in Miami sitzen. “Es war cool, dass Pharrell vorbeigeschaut hat. Aber ich finde es immer behindert, wenn einer wie Dave herkommt und so sagt ‘Oh, hier ist Pharrell‘ und dann sagst du halt Hi und unterhältst dich dann zwanzig Minuten übers Wetter.
Er schaut auf sein Telefon. Das Internet ist relativ wichtig und oft stehen dort Dinge über ihn, die nicht unbedingt nett sind. “Ha,“ sagt er nach ein paar Minuten. Ein DJ namens Funkagenda hat einen realtiv langen Post auf Facebook geschrieben. “Er schreibt, Ich sei Alkoholiker und tue ihm leid. Wenn du ihn kennst, merkst du recht schnell, dass er ein Arschloch ist,“ meint er.
Tim hat seit dem Coachella Festival Ärger mit Funkagenda, wo es um irgendwelche Set Zeiten ging und Tim’s Management schließlich entschied, dass Avicii nicht auftreten sollte.
“Ich hab die perfekte Antwort,“ meint Tim. “Ich schreibe ‘Cool Story Bro.‘“
“Das wird ihm nicht gefallen,” warnt ihn Felix.
“Wieso, es ist doch ziemlich offensichtlich, dass das sarkastisch gemeint ist,“ protestiert Tim und fängt an zu tippen.
Ein paar Minuten ohne eine Antwort vergehen. “Du sitzt doch nur da und drückst Aktualisieren oder?“ fragt Felix.
“Irgendjemand hat geschrieben ‘sei kein Arsch.“‘ sagt Tim und lächelt dabei nervös. Es ist doch nicht gemein, wenn ich schreibe ‘Cool Story Bro‘ oder? Das ist lustig.“ Aber er wird unsicher. “Ich lösche es lieber, bevor es weiter eskaliert,“ murmelt er, als wir ins Flugzeug steigen.
Tim will nicht, dass die Leute denken, er sei ein Arsch. Eigentlich wäre es ihm am liebsten, wenn ihm egal wäre, was die ganzen Internet Hater über ihn sagen- “Das mit dem Hass kam ziemlich schnell, weil ich so jung bin und der Erfolg so plötzlich kam.“ sagt er später als wir im Hotel Joule in Dallas sitzen. Er trinkt einen Cappuccino bevor sein Set um 22:00 Uhr beginnt. “Die Leute werden sehr schnell neidisch. Am Anfang machte mir das noch was aus. Aber jetzt nicht mehr wirklich.“
Aber schon im nächsten Moment redet er davon, dass es ihn nervt, wenn Leute meinen, er habe sich verkauft, als er den Remix für Madonna machte. “Wie kann man sich durch so etwas verkauft haben? Madonna ist eine Legende! Ich verstehe das nicht.“
Und dann die Leute, die sich über das Modeln für Ralph Lauren aufgeregt haben. “Ich trage doch ständig Ralph Lauren. Was soll das?“
Und dann die Leute, die meinen, er sei zu Mainstream: “Ich war schon immer Mainstream. Das ist doch nichts negatives.“
Kurzgesagt, es macht ihm schon etwas aus, was die Leute denken. “In Schweden achten die Menschen sehr darauf, wie sie auf andere wirken,“ meint er. Es ist schwierig, das auf einmal abzustellen, auch wenn es schon besser geworden ist.
Ist Auflegen nun Feiern oder Arbeit?
Die nächste Show ist Sylvester in Vegas. Letzte Nacht war Avicii im Marquee. heute geht es zuerst nach Anaheim und dann zurück nach Vegas. Felix, Tim und sein Booking Agent David Brady sitzen zusammen im Wynn mit Jared Garcia, dem Promoter des XS, wo Avicii auftreten soll. Das Wynn hat anscheinend im letzten Jahr $80 Millionen eingespielt, was ein Rekord im Club-Business wäre.
Tim’s Freundin, Emily Goldberg, ist ebenfalls mit dabei. Sie ist groß, blond und erstaunlich normal. Sie und Tim sind seit etwa einem Jahr zusammen. Das war kurz nachdem der Vorfall mit der Bauchspeichelentzündung geschehen ist. Sie haben einen Hund zusammen, Bear, der die ganze Zeit wie wild durchs Zimmer rennt.
Tim läuft rüber zum Fenster und schaut rüber zur Mainstage. “Ist es ausverkauft?“ fragt er.
“Zu 98%,“ sagt David Brady.
“Was ist passiert?“ fragt Tim nervös.
Felix checkt sofort wie Panik in Tim aufsteigt und meint: “An der Kasse stehen noch mindestens 500 Leute, die gerade reinkommen.“
“Wow, die Amis wissen echt, wie man Feiert. In Schweden würde so was nicht gehen. Die Leute sind viel zu cool für so etwas.“
Als Avicii anfängt sind über 24.000 Leute da und hinterher ist komplett nassgeschwitzt und happy. “Auf den neuen Track sind sie richtig gut abgegangen. Der immer so brn-nrew-nrew nrew nrew nrew nam geht“, meint er als sie zum Flughafen LAX fahren.
Zehn Minuten später sitzen sie im Flugzeug und Tim ist still für den Rest des Fluges. Er starrt auf seinen Laptop und bereitet sein nächstes Set vor.
Um 2:00 Uhr sind die Leute schließlich so dermaßen am Feiern, dass das XS bebt. Kathy Hilton (die Mum von Paris) tanz hinter der DJ Kanzel und eine Meute an thirsty Girls presst sich gegen das Absperrseil. Felix geht seinem üblichen Job nach und reicht Avicii Zigaretten und Drinks. Hinter ihm beschließt einer der Promoter eine $900 Champagnerdusche zu nehmen.
Tim bekommt von alledem nichts mit. Er ist zu konzentriert, die Stimmung nicht absacken zu lassen. er hebt einen Arm in die Luft und singt die Lyrics von seinem größten Hit mit: Ooooh sometimes I get a good feeling.
Eigentlich sollte er nur zwei Stunden spielen, aber mittlerweile ist es 4:00 Uhr und Tim gibt weiterhin Vollgas. Die üblichen Hits, Tracks, die er austesten will und Songs aus seinem neuen Album. Tim’s Augen bleiben während seines kompletten Sets auf der Tanzfläche. Ihm ist egal, was hinter ihm abgeht.
Es ist 5:00 Uhr und Avicii legt noch einen Burner auf. Er will einfach nicht, das es aufhört.
Google+ Tobias Laemmle
Den Artikel im Original auf Englisch findet du hier.
In der heutigen Zeit kann ich mir ganz gut vorstellen, das auch ein ‚Avicii‘ gestresst / nervös ist. Heut zutage gehts ja von einem Event zum anderen. Kein ordentliches Essen. Nur Nikotin & RedBull… Das kann ja auf längerer Zeit nicht gut enden.
Man sollte immer bedenken, das wir nicht dafür gemacht sind, jeden Tag von A > B zu fliegen, dazu 24. Std. aktiv zu sein etc. Also Hut ab… Das mit dem Alk ist natürlich wieder klar, überall wo gefeiert wird, ‚muss‘ einem ja quasi Alk angeboten werden. Und gewöhnter Konsum entwickelt sich irgendwann zur Sucht. Deswegen: Finger weg!
Nicht umsonst gibt es heut zutage soviele Erfolgreiche Menschen, welche privat depressiv / zu gestresst sind ode rgar noch auf die schiefe Bahn geraten.
Trotz allem eine gute Übersetzung vom Interview! 😉
Ja, so ging’s mir auch, als ich das gelesen habe. Komischerweise fand ich Avicii nach dem Interview sympathischer als vorher.
Deshalb hab ich auch viele Stellen gekürzt, die ich nicht gut fand und die meiner Meinung nach ein relativ schlechtes Bild auf ihn und die Branche an sich geworfen haben.
Zensur!? Gehts noch?